Es ist früh am Morgen, so etwa 6 Uhr, ein schrilles Geräusch halt durch unsere Wohnung. Allzeit bereit unsere Wohnung vor einem Großflächenbrand zu retten, schnelle ich aus dem Schlaf hoch und stelle fest, dass das Geräusch vom klingelnden Wecker kommt. Wild um mich fuchteln bringe ich mit der einen Hand den Wecker zum Schweigen und mit der anderen Hand verpasse ich, dank mangelnder Koordination, meiner noch schlafenden Ehefrau eine. Zumindest leuchtet mir jetzt ein, was sie mit dem Satz meinte: „Es ist schöner aufzustehen, wenn du noch schläfst.“ In einer mittlerweile über Jahre trainierten Mischung aus Gehen, Torkeln und Fallen bewege ich mich Richtung Badezimmer. Dort angekommen ertränke ich die letzten Reste des Schlafes mithilfe einer – selbstverständlich warmen – Dusche. Am Frühstückstisch angekommen, schlage ich die Zeitung auf und zwischen den alltäglichen Nachrichten über Terror, Krieg und Korruption finde ich einen wirklich wichtigen Artikel über das Schlafverhalten von Deutschen. Kurz zusammengefasst besagt dieser Artikel, dass zu viele Menschen auf dem Bauch oder auf der Seite schlafen und das die einzig gesunde Art zu Schlafen auf dem Rücken sei. Eschreckt blickt mein geistiges Auge zu dem Moment kurz vor dem scheinbaren Feueralarm zurück, als ich noch seelig schlummernd im Bett lag und meine Ehefrau mich noch liebte, weil ich ihr noch keine verpasst hatte. Wenn diese Schlafforscher meine bevorzugte Schlafposition kennen würden, würden sie mir vermutlich direkt das Gesundheitsamt auf den Hals hetzen.
Ich versuche mal meine Schlafposition zu beschreiben, das ist aber wirklich nicht leicht. Naja, wenn es mir gelingt kriege ich vielleicht den Pulitzer-Preis. Ich liege auf der Seite auf meinem linken Arm. Den linken Arm strecke ich dann in Richtung des Rücken zurück, so dass ich mit dem Bauch mehr Richtung Bett rutsche. Kurz gesagt ich schlafe werde auf der Seite noch auf dem Bauch, sondern irgendwie dazwischen also schräg nach oben. Wahrscheinlich bin ich der lebende Albtraum dieser Schlafforscher. Kurz überlege ich aufgrund der Gesundheitsempfehlung dieses Zeitungsartikels mein Schlafverhalten auf den Rücken zu verlagern, doch dann wird mir klar, dass das für mich bedeutet die nächsten 60 Jahre flach wie ein Brett im Bett zu liegen und hellwach die Decke anzustarren. Stolz über meinen Einfall diesen Gesundheitshinweis zu ignorieren, denke ich über andere Gesundheitsempfehlungen nach, die mich im meinem Leben begleitet haben: Es fing in der frühen Kindheit an. Mit dem Schlagsatz: „Gemüse ist gesund!“ Wissen Sie, ich habe als Kind wirklich alles verachtet und nicht gegessen, was man gießen kann und was im Sonnenlicht wächst. Dies hat im Italienurlaub sogar soweit geführt, dass der Chefkoch eines Restaurants meine Eltern persönlich gefragt hat, ob dieses Kind seine Spaghetti wirklich ohne Tomatensoße möchte. Von meinen Großeltern wurde mein Essverhalten immer mit den Worten kommentiert, was der Bauer nicht kennt das frisst er nicht. Jahre später als ich meine Oma zum chinesischen Essen einladen wollte, habe ich festgestellt das an diesem Satz wirklich etwas dran ist. Als Erwachsener habe ich mir dann mühevoll antrainiert Dinge wie Paprika und anderes Gemüse zu essen. Dabei hat mir lediglich mein starker Wille und der Gedanke daran geholfen, dass ich meine Kinder später nur so glaubwürdig zwingen könnte Gemüse zu essen. Vor drei Wochen habe ich dann aufgrund ständiger Bauchschmerzen einen Nahrungsmittelallergietest gemacht, bei dem herauskam, dass ich unteranderem gegen Paprika und einige andere Gemüsesorten allergisch bin. Jetzt muss ich mir wieder abgewöhnen bestimmte Gemüsesorten zu essen. Vielleicht habe ich es als Kind besser gewusst. Dann ist da noch die Empfehlung „Sport ist gesund!“. Mein Vater war in seiner Jugend und Adoleszenz eine wahre Sportskanone. Falls sie meinen Vater zufällig kennen, ich bin nicht vom Briefträger, er war wirklich sportlich und ist er ehrlich gesagt auch heute noch – wahrscheinlich sogar sportlicher als ich es jemals sein werde. Meine Mutter war sportlich gesehen das genaue Gegenteil vom meinem Vater und ist sie bis heute geblieben. Während mein Vater die 100m in einer Zeit gelaufen ist, die Usain Bolt stolz machen würde, hat meine Mutter für dieselbe Strecke mit dem Auto länger gebraucht. Aber wie viele sporttreibende Personen hat mein Vater heute leider Probleme mit dem Rücken und den Knien, während die Gelenke meiner Mutter wahrscheinlich die nächsten 1000 Jahre noch funktionieren werden. Ich möchte Ihnen hier nicht abraten auf dem Rücken zu schlafen, Gemüse zu essen, Sport zu treiben oder sonst wie gesund zu leben. Ganz im Gegenteil, aber zur Gesundheit gehört auch das eigene Glück. Daher sollte man sich nicht ausschließlich von dem leiten lassen, was alles gut für einen sein soll, sondern in Maßen auch auf sein innerstes Hören. Für mich heißt das konkret: Ich schlafe weiter schräg nach oben. Vielleicht strecke ich heute sogar noch ein Bein dabei ab, um es diesen Schlafforschern so richtig zu zeigen.
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AuthorKatrin: Regenbögen im Kopf und Seifenblasen an den Füßen Archives
November 2019
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